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Blütenöle, Naturöle und Mazerate ansetzen

Schon seit Monaten ist dieses Video in der Schleife, und ENDLICH habe ich alles zusammenschneiden können. Dank der fabelhaften Beta-Version von Davinci Resolve (Werbung, unbezahlt, aus Überzeugung!) habe ich ich meine Filmprojekte doch noch zu Ende führen können.

Exkursion: Mazerate

Die Heilkraft vieler Pflanzen lässt sich wunderbar in Ölen und Tinkturen einfangen und haltbar machen. Der Klassiker ist das Ringelblumenöl. Geeignet sind auch andere Blüten und Pflanzen, sogar Samen (siehe unten, #brennnesselsamenöl).

Nun ist zwar Herbst, aber noch stehen einige Ringelblumen. Wie die Ringelblume wirkt und was das besondere an ihr ist, habe ich hier im Herbarium zusammengefasst.

Pur aufgetragen oder in Salben verarbeitet hilft das Öl bei Entzündungen und Wunden. Für einen öligen Kaltuszug - auch Mazerat genannt - benutzt du die kleingeschnittenen, getrockneten Pflanzenteile. Denn je kleiner die Teile, desto mehr Oberfläche steht zur Verfügung und umso leichter lösen sich die kostbaren Inhaltsstoffe aus den Zellwänden.

Harzige Stoffe, wie z.B. auf der Ringelblume befindlich, sind schlecht löslich. Deshalb gibst du einen kleinen Teil Alkohol auf die zerkleinerten Blüten, bevor du das Auszugsöl hinzugießt. Mehr dazu in den Rezepturkarten und im folgenden Video dargestellt.

Mazerat kommt von macerare (lat.) und bedeutet “einweichen”. Kräuter, Blüten, Rinden, Wurzeln oder Samen werden in einer kalten Auszugsflüssigkeit angesetzt und später abgeseiht / filtriert. Durch den Prozess gehen die löslichen Bestandteile deines Krauts oder der Blüten in die Auszugsflüssigkeit über. Diese wird also angereichert und wertvolle Stoffe - wie beim Beispiel der Ringelblume - verwendbar gemacht.

Das geht mit einem Öl sehr viel leichter, als sich zarte Blütenblätter auf die geprellten Beine zu schmieren. Die Auszugszeiten variieren je nach Pflanze. Standardzeit sind 3-4 Wochen.

Standardrezeptur

5 T getrocknete Blüten

0.5 T Alkohol (40% Vol.)

5 T neutrales Öl, z.B. Jojobaöl, Olivenöl, Sonnenblumenöl.

4 Wochen Zeit (wie es schneller geht, weiter unten).


1. Blüten sammeln und trocknen. Ringelblume, Schafgarbe, Kamille, Lavendel, etc. Außer der ätherischen Öle sind die Inhaltsstoffe der Rose sind nicht wirklich fettlöslich, besser in Tees oder Hydrolaten. Sieht aber hübsch aus.

2. Getrocknete Pflanzenteile (Blüten) grob pulversieren und in ein Glasgefäß geben. Dieses sollte sich luftdicht verschließen lassen.

3. Pulver mit sehr wenig Alkohol befeuchten und gründlich vermengen. Ich benutze 40% Vodka oder Doppelkorn, im Labor haben wir 70% Ethanol verwendet. Das gesamte Pflanzenmaterial sollte mit Alkohol benetzt sein. Kurz zur Seite stellen. Die Harze der Blüten werden so quasi angelöst und gehen besser in das Öl über.

4. Öl aufgießen. Achte darauf, dass das Öl alles komplett bedeckt. Nun täglich schütteln.

5. Das Öl wird sich immer wieder oben absetzen. Täglich durchschütteln, so dass sich alle Stoffe / Harze gut aus dem Pflanzengewebe lösen können.

6. Öl nun abgießen und durch ein Baumwolltuch filtrieren und pur oder in der Naturkosmetik weiterverarbeiten. Z.B. als Handbutter, Bodylotion, Wund-und-Heilsalbe, usw.

Du kannst auch andere Pflanzenteile in einem Basisöl mazerieren. Das ist beispielsweise von Vorteil, wenn du die wertvollen Fettsäuren aus kleineren Samen genießen möchtest, aber keine Pressmöglichkeiten hast bzw. sich der Aufwand nicht wirklich lohnt.

Hier einmal das Beispiel für ein Brennnesselöl:

1 Teil Brennnesselsamen werden in
3 Teilen kaltgepresstem Basisöl angesetzt.

Stoße die reifen, getrockneten Samen im Mörser kurz und gut an und weiche sie anschließend für 1-2 Wochen mit der 3-fachen Menge an Auszugsöl ein. Möchtest du das Öl zur Hautpflege, nutzen - dann benutze ein neutrales Öl wie Jojobaöl oder auch ein pflegewirksames Öl wie Hanföl oder Arganöl. Als Speiseöl empfiehlt sich ein Auszug in Olivenöl, Sesamöl oder Sonnenblumenöl.

Ob nun für Haut, Haar oder Hüfte: das grüne Brennesselsamenöl enthält 20% Ölsäure und bis zu 80% Linolsäure sowie Vitamin E. Das Öl zieht in die Haut ein, ohne dass du anschließend wie eine Speckschwarte glänzt. Es hat einen angenehm nussigen Geschmack, der je nach Auszugsöl natürlich variieren kann.

Dies waren nun zwei Beispiele. Ein weiteres hatte ich im Sommer verbloggt: Rotöl aka Johanniskrautmazerat.

Wie immer hoffe ich, dass du mit dieser Information kreativ wirst und - wie ich in dem Video - auch mit anderen Pflanzen experimentierst. Kräuter enthalten ätherische Öle, die sich ebenfalls gut in einem Öl machen.

Wichtig ist, dass für ein Mazerat getrocknetes Pflanzenmaterial verwendet wird.
Wer frisches Zeug verarbeiten möchte, tut gut daran, es 72h bei ca. 70 Grad im Öl warmzuhalten. So verdunstet die pflanzeneigene Feuchtigkeit. Gibt es Restfeuchtigkeit, beginnt das Auszugsmaterial zu faulen, das Öl zieht schlieren und wird eklig und unbrauchbar.

Die Rezepturbeschreibung “Mazerate + Blütenöle” in meinem Buch enthält auch noch mal eine Liste mit der Wirkung von Blütendrogen. Im Shop habe ich ebenfalls einige kleine Portionen Ringelblumenblüten für alle, die es nicht mehr zur eigenen Ernte geschafft haben.

Gibt es Fragen aus der lieben Salbenmischer-Community?